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novembre 2017 

 
 

Rapport vum Michelle Frausing  

iwert sein Stage am Dhulikhel Hospital. 

octobre 2017 

 
 

Rapport vum Laurent Devalet.  

Hien ass Osthéopathe D. O. an ass als Volontaire an der Clinique zu Dhulikhel. 

octobre 2016 

 
 

le rapport de Aliocha Gorecka sur son stage au Nepal 

En ce qui concerne l’envoi de volontaires chez notre partenaire au Népal, nous vous informons que seul des étudiantes ou étudiants en médecine ou dans des professions para-médicales sont acceptés. Nous travaillons ensemble avec le Service National de la Jeunesse, service volontaire de coopération. Informations ici  

janvier 2016 

 
 

Tom Sliepen, jeune luxembourgeois de 22 ans, étudiant en médecine depuis 2012 à l'université d'Innsbruck,  effectue un volontariat au Dhulikhel Hospital du 1er au 29 février 2016. 

 
 

Il nous livre ici ses premières impressions sur son séjour au Népal 

Marc Schmit, jeune volontaire qui va accomplir un stage au Dhulikhel Hospital à partir du 28.5.2015. Nous lui souhaitons un séjour enrichissant au Népal. 

Il nous livrera ses expériences ici dans son blog 

En 2006, Docteur Manon Queudeville de Schifflange est partie au Népal pour faire un bénévolat de 3 mois à l'hôpital de Dhulikhel.  

Diététique à l’hôpital de Dhulikhel 

Charlotte Godziewski, diététicienne diplomée, originaire de Luxembourg, a séjourné en 2013 au Népal pour mettre en place les bases de la diététique  au Dhulikhel Hospital et y est retournée en 2014 pour une année. Elle nous livre ses impressions, son vécu, ses impressions... 

Docteur Manon Queudeville de Schifflange est partie au Népal pour faire un bénévolat de 3 mois à l'hôpital de Dhulikhel.  

Ci dessous ses rapports qui nous permettent de vivre son séjour. 

 

 

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Rapport 1 (du  22/07/2006) 

 

 

Namaste 

 

Nach einem unglaublichen langen Flug und einer schlaflosen Nacht in Bangkok kam ich am Montag ziemlich uebermuedet in Kathmandu an. Dort wurde ich von einem netten Fahrer abgeholt, auf dessen Schild "Dr. Manon" stand. Witzigerweise werden hier alle Aerzte mit ihrem Vornamen angesprochen. 

 

Ich wurde im International Guest House der Kathmandu University untergebracht. Das Zimmer ist sehr geraeumig und sauber. Einziger Nachteil sind die vielen ungebetenen (meist mehrbeinigen) Mitbewohner... 

 

Am Dienstag begleitete ich Dr. Biraj (ein Tropenmediziner und Hauptorganisator der Outreaches) in eines der "Outreach Center" in Dapcha. Das Gebaeude ist gerade erst vor einem Jahr fertiggestellt worden und liegt sehr schoen auf einem Berg mit herrlicher Aussicht. Nachdem wir einige Patienten gesehen hatten, gingen wir runter ins Dorf, wo sich alle Frauen versammelt hatten. Diese halten auf anraten von Dr. Biraj etwa ein Mal im Monat Versammlungen ab, in denen Probleme besprochen werden und von jeder Familie 10 Rupee eingesammelt werden. Das gesammelte Geld soll fuer alle eine Notfallreserve darstellen. Dr. Biraj hat den Frauen angeboten, die Treffen im Health Center abzuhalten um dort jedesmal zusaetzlich ein Seminar ueber unterschiedliche infektiologische Krankheitsbilder zu erhalten. Es wird sehr viel Wert auf Gesundheitserziehung und primaere Prophylaxe gelegt und da wurde nicht zuletzt im Rahmen der Impfprogramme schon einiges erreicht. 

 

Am Mittwoch konnte ich dann den Krankenhausalltag kennenlernen. Der beginnt wie ueblich mit einer Morgenbesprechung in der die neu aufgenommenen Patienten vorgetragen werden, sowie Problemfaelle auf Station diskutiert werden. Mittwochs und Freitags gibt es zusaetzlich Vortraege von Assistenzaerzten und Mittwochs von den Oberaerzten. 

 

Ich wurde fuer die ersten paar Wochen der Abteilung fuer Inneren Medizin zugeteilt. Dort wird Vormittags mit den Chefaerzten Visite gemacht. Da ist der Ablauf absolut vergleichbar mit dem in einer deutschen Uniklinik mit dem Unterschied, dass hier 10 Patienten in einem Zimmer liegen und es keine Unterteilung in privat und gesetzlich versichert gibt. Danach kuemmern sich die Assistenzaerzte um den "OPD", vergleichbar mit unserer Poliklinik. Auch hier teilen sich 2 Aerzte ein Zimmer, das heisst es sind immer mindestens 6-10 Menschen in einem kleinen Zimmer, weil die nepalesischen Patienten immer 1-3 Familienangehoerige mitbringen. Ich fand es sehr befremdend dass niemand anklopfte bevor er das Zimmer betrat, egal ob bereits 2 Patienten drin waren oder nicht. Problematisch ist diese Angewohnheit vor allem bei der Intansivstation, die moeglichst ruhig und moeglichst keimfrei gehalten werden soll. Die Patienten und Besucher haben hier aber freien Zugang und nutzen ihn auch ungeniert. 

 

Was die Betreung der Patienten anbelangt bin ich sehr positiv ueberrascht. Die Aerzte und Schwestern sind erstens ausgezeichnet ausgebildet und pflegen zweitens einen ausgesprochen menschlichen Umgang mit ihren Patienten. Soziale Unterschiede spielen in diesem Krankenhaus keine Rolle, eine Errungenschaft, auf die Dr. Ram zurecht sehr stolz ist. 

 

Am Donnerstag war ich in einem zweiten "Outreach", Bahunipati. Dort kuemmerte ich mich mit einer jungen gynaekologischen Assistenzaerztin um die Frauen, waehrend ein dritter Arzt die Maenner uebernahm. Die Frauen auf den Doerfern haben ein sehr ausgepraegtes Schamgefuehl und selbst wir Frauen mussten ihnen oft lange gut zureden bis sie einer notwendigen gynaekologischen Untersuchung zustimmten. Die meisten Patientinnen hatten genitale Infektionen oder kamen zur Schwangerenvorsorge. Ich war sehr erstaunt, dass eine solche Vorsorge ueberhaupt moeglich ist in den Bergregionen. Offensichtlich hat die Gesundheitserziehung bereits gefruchtet. 

 

Etwas erschrocken war ich ueber die vielen Suizidversuche mit Insektiziden. Viele der Bauern sind depressiv und die Gifte sind fuer sie leicht zugaenglich. Vor allem Frauen greifen unverhaeltnismaessig oft zu dieser Methode. 

 

Ansonsten bleibt zu sagen, dass ich sehr freundlich aufgenommen wurde und alle sich viel Muehe geben mir den Aufenthalt zu verschoenern. Das Essen ist toll, ich bin wirklich begeistert. Einziger Wehrmutstropfen ist, dass ich kein frisches Obst und Gemuese essen kann wegen der Infektionsgefahr. Momentan waehrend der Regenzeit gibt es hier viel Typhus und Cholera. 

 

Ich freue mich sehr auf die naechsten 3 Monate und lerne fleissig Nepali um mich in ein paar Wochen vielleicht selbststaendig mit den Patienten unterhalten zu koennen. 

 

 

 

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Rapport 2 (du  29/07/2006) 

 

Letzten Sonntag (Sonntag ist in Nepal ein regulaerer Arbeitstag) gab es ausserhalb von Dhulikhel ein schweres Busunglueck. 29 Menschen starben am Unfallort und die restlichen 27 wurden zu uns in die Klinik gebracht. Es waren so viele, dass wir die Eingangshalle des Krankenhauses in ein Lazarett umfunktionieren mussten. Mangels Betten und Liegen mussten einige der Patienten auf dem Boden oder auf Baenken ausharren. Die meisten von Ihnen hatten multiple Schnitt- und Platzwunden, sowie Knochenbrueche. Die Schwerverletzten wurden in der Reihenfolge der Dringlichkeit geroentgt und gegebenenfalls sofort notoperiert. Dr. Ram kam selbst auch zu Hilfe, obwohl er eigentlich frei hatte. Die nicht-chirurgischen Assistenzaerzte kuemmerten sich um die restlichen Patienten. Fast alle brauchten Infusionen und Schmerzmittel. Zusammen mit den Krankenschwestern machten wir die primaere Wundversorgung und naehten in der Einganshalle alle Wunden. Da aber so viele von uns gleichzeitig naehen mussten, hatten wir nicht ausreichend Material und mussten auf Nadeln und Faeden zurueckgreifen, die eigentlich nicht wirklich fuer eine Hautnaht geeignet sind. Trotz dieses Materialproblems war ich positiv ueberrascht ueber den reibungslosen organisaorischen Ablauf. Einige Oberaerzte behielten die Uebersicht und verteilten die Aufgaben, so dass wir innerhalb von zwei Stunden alle Patienten versorgt hatten. Die gute Zusammenarbeit ist in einem Krankenhaus schliesslich das A und O. Es wurde auch an alles gedacht. Saemtliche Patienten erhielten sofort eine Tetanusschutzimpfung und einen Saurehemmer als Stressulkusprophylaxe. 

Montag bis Mittwoch waren ganz uebliche Arbeitstage im Krankenhaus. Wir hatten einige besonders interessante Faelle. Schade ist, dass wir die Patienten, die eine Computertomographie (Scanner) brauchen, nach Kathmandu schicken muessen. Fuer die Patienten bedeutet eine solche Reise natuerlich zusaetzliche Strapazen. 

Am Donnerstag waren dann Dave und Isa zu Besuch. Das ist ein luxemburgischen Paar, welches bereits seit 9 Monaten durch die Welt reist und ueberall Projekte besucht, die von luxemburgischen Organisationen unterstuetzt werden. Dave schreibt dann ueber jedes Projekt einen Artikel, welcher im Tageblatt veroeffentlicht wird. In Nepal stand da natuerlich Dhulikhel Hospital auf dem Plan. Dr. Biraj fuehrte sie also ueberall herum, zeigte ihnen aber nicht nur das Krankenhaus, sondern auch die Schule fuer paramedizinische Ausbildung, die Universitaet, die Bibliothek, ja sogar die Abwasseranlage. Die beiden waren erstaunt ueber das Ausmass. Zusaetzlich wurden sie eingeladen am Freitag mit zu einem der Outreaches zu fahren. 

Am Freitag fuhren wir um 06:15 Uhr morgens los. Nach fast 3-stuendiger Autofahrt ueber steiniges und schlammiges Gelaende mussten wir dann noch 2 Stunden steil bergab krachseln. Wir erreichten Bolde so gegen 11:30 Uhr. Dr. Rohlid und ich kuemmerten uns um die Patienten, 2 Stunden spaeter haben wir zu Mittag gegessen und mussten uns anschliessend sofort wieder auf den Rueckweg begeben, diesmal natuerlich steil bergauf. Ueber die Anstrengung troestete uns eine atemberaubende Landschaft hinweg.  

Am Abend waren wir alle von Dr. Ram zu einem tollen Abendessen in der Lodge eingeladen worden. Sattgegessen fielen wir danach alle wie ein Stein ins Bett. 

 

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Rapport 3 (du  06/08/2006) 

 

Letzte Woche habe ich miterleben koennen, wie die Aerzte hier den Infektionsquellen nachgehen. Die Patienten, bei denen Cholera nachgewiesen wird werden nicht nur behandelt, sondern es faehrt ein ganzer Trupp an Aerzten und Laborpersonal zum Patienen nach Hause und nimmt Wasserproben. Gleichzeitig werden alle Apotheken und "Health Posts" in der Gegend ueber den Cholerafall informiert und angehalten jeden Patienten mit akuter Gastroenteritis auf Verdacht hin als Cholera-Fall zu behandeln. Ein einzelner Cholera-Fall wird quasi bereits als Epidemie aufgefasst. Das sind alles absolut notwendige Massnahmen im Rahmen von "Community Health Programs", welche hier in Dhulikhel Hospital, wie bereits erwaehnt, grosse Prioritaet haben. Cholera kann unbehandelt naemlich leicht toedlich enden, vor allem bei Kindern und aelteren Erwachsenen, weil man wegen des starken Durchfalls leicht mehrere Liter Fluessigkeit in wenigen Stunden verlieren kann. 

Ein Riesenproblem in Nepal ist allerdings, dass die meisten Patienten nicht sofort einen Arzt aufsuchen, sondern nur die Apotheke. Anders als bei uns in Europa, geben letztere hier rezeptfrei Antibiotika aus. Das hat gleich mehrere Konsequenzen: Erstens sind die Verkaeufer in den Apotheken nie ausreichend ausgebildet und behandeln oft falsch. Zweitens kaufen die Patienten oft weniger Tabletten als eigentlich noetig, weil sie das Geld fuer die komplette Behandlung nicht aufbringen koennen. Somit werden multiresistente Keime "gezuechtet". Drittens ist die Diagnosestellung fuer die Aerzte im Krankenhaus erheblich erschwert durch die Vorbehandlung. Meistens koennen die Patienten noch nicht mal sagen, welche Arzneimittel sie eingenommen haben. 

Ansonsten steht das ganze Krankenhaus seit Mittwoch Kopf, da die Abschlusspruefungen fuer die Medizinstudenten laufen. Es ist eine Premiere fuer Dhulikhel Hospital und deswegen wird sehr viel Wind um alles gemacht. Seit Mittwoch residieren in Dhulikhel mehrere Professoren aus Kathmandu, welche die praktischen Pruefungen abnehmen und wir sind taeglich damit beschaeftigt, geeignete Patienten fuer die Pruefungskandidaten zu finden. Alle hier sind natuerlich maechtig stolz auf die ersten Aerzte "aus eigener Produktion". Ich habe mir heute ein paar der muendlichen Pruefungen angehoert und war beeindruckt vom Wissen der meisten Studenten. Das liegt wohl zum grossen Teil daran, dass hier nur ungefaehr 40 Studenten pro Jahr anfangen und die Lehre damit wesentlich persoenlicher gestaltet werden kann. Die Dozenten koennen besser auf die Studenten eingehen und die Studenten werden sehr frueh in den klinischen Alltag miteinbezogen. Dhulikhel Hospital scheint also auch als "Teaching Hospital" ein voller Erfolg zu sein. 

 

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Rapport 4 (du  12/08/2006) 

 

Letzte Woche hatten wir gleich 2 Patienten mit Schlangenbissen im Krankenhaus. Die wenigsten Schlangen hier sind giftig (weniger als 10%), trotzdem wurde einem der beiden Patienten ein polyvalentes Antiserum verabreicht (das heisst, mit dem Gegenmittel gegen alle in Nepal vorkommenden giftigen Schlangen), da dieser Patient bereits Vergiftungserscheinungen zeigte. Schlangenbisse sind in dieser Gegend insgesamt ziemlich selten und kommen wesentlich haeufiger im Sueden Nepals (Terai) vor. 

In Nepal gibt es immer noch sehr viele Faelle von Rheumatischem Fieber, einer Folgeerkrankung von Bakterien (Streptokokken), welche vor allem verantwortlich sind fuer eitrige Mandelentzuendungen. In Europa ist die Krankheit sehr selten geworden, weil solche Tonsillitiden bei uns sofort adaequat antibiotisch behandelt werden. Das Rheumatische Fieber fuehrt vor allem zu Veraenderungen an den Herzklappen, welche fatale Folgen haben koennen. Letzte Woche ist in Dhulikhel Hospital ein 16-jaehriges Maedchen an einem akuten Lungenoedem verstorben, weil es an unerkanntem Rheumatischen Fieber litt. Die Aerzte auf der kleinen Intensivstation haben ihr Moeglichstes versucht, aber die Patientin hatte einfach viel zu spaet einen Arzt aufgesucht. Solche Faelle sieht man hier leider regelmaessig. 

Ein weiteres Problem ist, dass in Dhulikhel Hospital keine Dialyse durchgefuehrt werden kann. Alle Patienten mit Nierenversagen muessen transferiert werden. Fuer manche Patienten ist die Reise aber zu anstrengend oder zu teuer, es kommt sogar vor, dass Angehoerige es schlichtweg ablehnen, weil der Patient sonst zu weit weg von zu Hause waere. Es waere wirklich sehr hilfreich, wenn man zumindest eine Notfall-Dialyse anbieten koennte.  

Ich war erneut verwundert ueber die unzaehligen Patienten mit COPD (chronisch obstruktiver Lungenerkrankung) aufgrund des vielen Rauchens und der vielen Umweltgifte je nach Region. Fast genauso viele Patienten haben Leberzirrhosen aufgrund von Alkoholismus und viralen Hepatitiden. Beiden Patientenkollektiven kann nur wenig geholfen werden, da die Lungen- und Leberveraenderungen irreversibel sind. In Europa koennten wir diese Patienten natuerlich genauso wenig heilen, die Betreuung ist aber besser. Die Patienten mit terminaler Lungenerkrankung bekommen zum Beispiel Heimsauerstofftherapie und einen ambulanten Pflegdienst. Hier muessen die Angehoerigen die Kranken pflegen und nebenher ihre schwere Arbeit auf den Feldern verrichten. 

Es ist aber immer wieder schoen zu sehen, dass die Patienten hier in den Krankenhaeusern nie von ihren Familien allein gelassen werden. An jedem Bett sitzt mindestens ein Angehoeriger und kuemmert sich den ganzen Tag um den Kranken. Die Familie ist hier immer noch fuer alle das allerwichtigste, vor allem die alten Menschen werden respektiert und es ist eine Ehrensache ihnen die letzten Tage und Wochen so angenehm wie moeglich zu bereiten. Da koennten wir Europaer uns eine Scheibe von abschneiden! 

 

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Rapport 5 (du  21/08/2006) 

 

Seit einer Woche bin ich auf die Paediatrie gewechselt und obwohl ich mittlerweile seit einem Monat hier bin, wurde ich mit sehr vielen neuen Eindruecken bombardiert. 

Die Babys tragen hier natuerlich keine "Pampers" wie zuhause, sondern ganz einfache Wickel. Die werden dann wie frueher bei uns per Hand ausgewaschen. Da die Menschen in den Bergdoerfern oft in sehr aermlichen Verhaeltnissen leben, koennen sie sich nicht immer Seife leisten, was zu problematischen hygienischen Verhaeltnissen fuehrt. 

Mir wurden auch einige skurrile Rituale erlaeutert. Hier wird den Babys und Kleinkindern zum Beispiel mit einem Kohlestift ein Lidstrich auf Ober- und Unterlid gemalt. Die Muetter glauben, die schwarze Farbe schuetze vor Kaelte und Infektionen und dabei provozieren sie damit eher die Konjunktivitis. Man troepfelt den Kindern auch Oel oder Zitronensaft in den aeusseren Gehoergang, um den Ohrschmalz besser zu entfernen. Nach 6-monatigem ausschliesslichen Stillen, wird dem Kind bei der "Reiszeremonie" zum ersten Mal das nepalesische Hauptnahrungsmittel angeboten. Bei diesem Familienfest werden dem Kind silberne Arm- und Fussreifen angezogen, die fuer die naechsten Monate anbehalten werden. Die Kinder werden natuerlich neben der Beikost weiter gestillt, viele bis zum 3. oder 4. Lebensjahr. Fuer die meisten ist es hier vollkommen unverstaendlich, wie wenig bei uns gestillt wird. In Nepal ist es auch absolut selbstverstaendlich, dass eine Freundin oder Bekannte die Kinder stillt, wenn die Mutter aus gesundheitlichen Gruenden dazu nicht in der Lage ist. 

Trotz des langen Stillens sieht man hier erschreckend viele unterernaehrte Kinder. Meist beruht es auf Proteinmangel, da die armen Leute fast ausschliesslich Reis essen. Milch und Eier sind viel zu teuer und an Fleisch ist meist gar nicht zu denken. Das bisschen Dahl (Linsen), was zum Reis gegessen wird reicht einfach nicht aus fuer ein wachsendes Kind. Die Kinder sind dann viel zu klein und zu leicht fuer ihr Alter, haben oft Oedeme (Fluessigkeitsansammlungen) in den Beinen und im Bauch. Darueber hinaus, leiden sie gehaeuft an Hautinfektionen, wegen des herabgesetzten Immunsystems, haben Haarausfall, Durchfall und vieles mehr. im Krankenhaus versucht man den Eltern beizubringen, wie man mit einfachen Mitteln den Energiehaushalt des Kindes wieder auf ein normales Niveau bringen kann (mit speziellen Getreideaufbereitungen zum Beispiel). Oft sind sich die Eltern gar nicht bewusst, dass sie ihrem Kind nicht genuegend Naehrstoffe zur Verfuegung stellen. Zusaetzlich haben diese Kinder fast immer einen Vitaminmangel. 

Ich hatte in meinem letzten Bericht bereits erwaehnt, dass das Rheumatische Fieber in Nepal ein grosses Problem darstellt. Wir hatten diese Woche erneut 3 Patienten mit Herzklappenfehlern, die auf diese Erkrankung zurueckzufuehren waren. Diese Patienten koennen hier in Nepal nur symptomatisch behandelt werden, das heisst, man versucht medikamentoes zu verhindern, dass die Kinder eine Herzinsuffizienz entwickeln. Die einzig moegliche kausale Therapie waere ein operativer Herklappenersatz. Ganz davon abgesehen, dass sich das hier so schon niemand leisten kann, muessten die Patienten auch noch nach Indien, um einen solchen Eingriff durchfuehren zu lassen. 

Die meisten Eltern bringen ihre Kinder leider erst, wenn sie in einem desolaten Zustand sind, weil sie Angst vor Krankenhauskosten haben und auch ihre Arbeit auf den Feldern nicht stehen und liegen lassen wollen. Uns wurden gestern, unabhaengig voneinander, gleich 2 Patienten im akuten Herzversagen gebracht, die wir kardiopulmonal reanimieren mussten. Trotz einstuendiger Herzdruckmassage und Beatmung konnten wir keines der Kinder retten. Es ist sehr frustrierend fuer das hiesige medizinische Personal, dass eine Krankheit, die eigentlich ganz einfach mit rechtzeitigen Antibiotikagaben verhindert werden kann, hier immer noch regelmaessig zu Todesfaellen fuehrt. Ein weiteres Problem mit der Handhabung solcher Patienten ist, dass die Intensivstation nur 4 Betten zur Verfuegung hat und auch nur so viele Monitoren und Beatmungegeraete. Manchmal sind den Aerzten also die Haende gebunden. Da Dhulikhel mittlerweile in einem Einzugsbereich von mehreren hunderttausend Patienten die beste und bekannteste Klinik ist, ist der Ansturm an Patienten nicht immer zu meistern. Es mangelt auch an kleinern Utensilien wie Geraete zur transkutanen Messung der Sauerstoffsaettigung. Die Schwestern mussten mit dem einen Geraet von einem Zimmer zum Naechsten laufen, waehrend wir die Wiederbelebungsversuche unternahmen. Aber Dhulikhel Hospital hat schon Muehe die laufenden Kosten mit den minimalen Patientenbeitraegen zu zahlen, da sind Neuanschaffungen ohne fremde Hilfe einfach nicht drin. Es war von Anfang an Dr. Rams Wunsch, den Krankenhausaufenthalt und die Behandlung fuer so viele Menschen wie moeglich erschwinglich zu machen. Haeufig wird von sehr armen Patienten auch gar keine finanzielle Entschaedigung verlangt. Die Schwierigkeit besteht also darin, die knappen Einnahmen mit dem hohen erwuenschten Standard an medizinischer Versorgung in Einklang zu bringen. Das stellt hier alle immer wieder vor neue Herausforderungen. 

Ich konnte meinen Augen nicht trauen, als ich gesehen habe, dass auf der Intensivstation die Angehoerigen die beatmungspflichtigen Patienten "bebeuteln", das heisst, die sauerstoffhaltige Luft mit Hilfe eines Ballons in die Lungen des Patienten befoerdern. Die Familie wechselt sich dann die ganze Nacht ab. Da nicht genuegend automatische Beatmungsgeraete zur Verfuegung stehen und die Schwestern dafuer auch nicht eingesetzt werden koennen, uebernehmen die Angehoerigen eine aeusserst verantwortungsvolle Aufgabe, welche die meisten sehr gewissenhaft ausfuehren. 

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Rapport 6 (du  30/08/2006) 

 

Auf der Paediatrie werde ich wirklich tagtaeglich von Eindruecken ueberwaeltigt. Wir haben zum Beispiel regelmaessig Kinder mit disseminierter (im gesamten Koerper verstreuter) Tuberkulose. Obwohl mittlerweile viele der Kinder als Saeuglinge geimpft werden, bietet die BCG-Vakzine keinen hundertprozentigen Schutz. Vor allem die vielen mangelernaehrten Kinder haben eine schlechte Immunabwehr und Infektonen wie Tuberkulose koennen sich ungehindert im Koerper ausbreiten. Die Kinder stecken sich in der Regel bei Eltern oder Grosseltern mit Lungentuberkulose an. Die Menschen leben hier schliesslich alle auf engstem Raum und schlafen meist in einem gemeinsamen Zimmer. Das Problem bei der Tuberkulose ist, dass die Therapie ueber mehrere Monate konsequent durchgefuehrt werden muss, um die Bakterien sicher zu eliminieren. Viele Patienten hoeren aber selbststaendig auf Tabletten zu nehmen, sobald die Symptome verschwunden sind. Es erfordert viele Aufklaerungsgespraeche, um die Menschen hier von den noetigen Massnahmen zu ueberzeugen. 

Womit die Aerzte hier immer wieder zu kaempfen haben, sind Eltern, welche die Kinder gegen aerztlichen Rat mit nach Hause nehmen. Wie bereits erwaehnt, liegen die Gruende dafuer meist im Geldmangel. Heute hat ein Paerchen ein Fruehgeborenes von gerade mal 1 kg Koerpergewicht migenommen. Bei uns lag das Kind im Inkubator und wurde ueber eine Magensonde ernaehrt. Die Ueberlebenschancen auf dem Land sind praktisch Null. Die Aerzte haben alles versucht, die Eltern davon zu ueberzeugen, das Kind in unserer Obhut zu lassen, aber die Eltern sahen sich aus finanziellen Gruenden gezwungen, das Leben des Kindes zu riskieren und zurueck zu ihren Feldern zu fahren. Solchen Situationen begegnen wir tagtaeglich. Das ist extrem frustrierend fuer die Aerzte. Oftmals greifen sie sogar in die eigene Geldtasche, um Patienten weiterbehandeln zu koennen. Es werden auch so schon viele Patienten umsonst behandelt, aber Dhulikhel Hospital muss ja auch selber sehen, wie es die laufenden Kosten deckt. 

Man sieht hier ganz allgemein mehr schwer kranke Kinder, weil sie einfach spaeter ins Krankenhaus gebracht werden. Regelmaessig werden Kinder mit Meningitis (Hirnhautentzuendung) oder gar Enzephalitis (Hirnentzuendung) eingeliefert. Bei Aufnahme sind die Patienten oft bereits komatoes und die Chancen auf eine komplette Genesung schlecht. Trotzdem tun hier alle ihr Moeglichstes. Intensivmedizinische Massnahmen sind zwar sehr eingeschraenkt, aber die antibiotische Behandlung ist sehr gut. Die Aerzte hier haben natuerlich auch eine grosse Erfahrung mit solchen Faellen und koennen die Situationen gut einschaetzen. 

Neben diesen lebensgefaehrlichen Krankheitsbildern sieht man hier extrem viele Hauterkrankungen. Vor allem Skabies (Kraetze), Pilzerkrankungen und bakterielle Entzuendungen stehen auf dem Tagesprogramm. Fast jedes Kind hat alte Narben von solchen abgelaufenen Entzuendungen. Das sind alles zwar relativ harmlose, aber durch Verbesserung der Hygiene vermeidbare Krankheiten. 

Genauso haeufig sind Wurmerkrankungen. Statistisch gesehen haben in Nepal wohl 60-70% der nepalesischen Kinder Parasiten im Darm. Das verschlimmert die Ernaehrungssituation zunehmends, da die Wuermer sich vom Darminhalt der Patienten ernaehren. Deshalb wird hier empfohlen, regelmaessig (ungefaehr alle 6 Monate) den Kindern ein Entwurmungsmittel zu verabreichen. Ab und zu koennen Infektionen zu Komplikatonen fuehren,wie etwa eine Beteiligung des Gehirn bei Schweinebandwurmbefall. Zur Zeit liegt bei uns ein Patient, der aus diesem Grund epileptische Anfaelle bekommen hat. 

Ich hatte in den vorherigen Berichten bereits erwaehnt, wie wichtig Schwangerschaftsvorsorge fuer Kind und Mutter sind. Dhulikhel Hospital hat da vor allem in den Outreach camps schon einiges bewirkt. Trotzdem kommen regelmaessig Schwagere ins Krankenhaus, die vorher nie beim Arzt waren. Letzte Woche hatten wir eine junge Frau, die mit Wehen in kurzen Abstaenden zu uns kam. Sie war erst in der 31. Schwangerschaftswoche (eine normale Schwangerschaft betraegt 40 Wochen). Bei der Geburt stellte sich heraus, dass es sich um Zwillinge handelte. Der diensthabende Kinderarzt musste sich also ohne Vorwarnung gleichzeitig um zwei Fruehgeborene kuemmern. Eines der Kinder entwickelte kurz nach der Gebuert schwere Atemnot und verstarb noch in der Nacht. Die Aerzte werden hier staendig mit Situationen konfrontiert, die bei uns eher Ausnahmefaelle darstellen. 

Um aber jetzt mal von diesen schwerfaelligen Themen zu etwas Lustigerem ueberzuwechseln: Die Frauen hier haben eine schoene Tradition, dass Neugeborene in der Morgensonne mit Oel eingerieben werden. Sie bekommen am ersten oder zweiten Lebenstag eine komplette Massage von Mutter, Grossmutter oder Tante, die man fast schon als Physiotherapie bezeichnen koennte. Wenn die Frauen aber das falsche Oel benutzen, naemlich Senfoel statt Kokosnussoel, kriegen die Kleinen einen Sonnenbrand. Man sieht auf der Mutter-Kind-Station deshalb mehrere Babys mit roten Nasen und ab und zu sogar ein paar Brandblasen. 

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Rapport 7 (du  07/09/2006) 

 

Ich hatte ja schon von den Aussenposten, oder "Outreach Centers" berichtet. Seit etwa 8 Monaten gibt es neben den 6 ueblichen Destinationen eine 7., die einmal monatlich angefahren wird. Geplant ist es, aus diesem Posten in Zukunft auch einen der Gesundheitsposten von Dhulikhel Hospital zu machen. Allerdings ist "Kattike Deurali" ziemlich weit weg und erfordert jedesmal einen 3-Tages-Ausflug. Ich hatte bereits viel davon gehoert und mehrmals nachgefragt, ob ich da nicht mal mit koennte. Die Aerzte meinten dann immer, da waere noch nie eine Frau mitgewesen. Man muesse schliesslich mehrere Stunden ueber unwegsame Bergpfade laufen und die Uebernachtungsmoeglichkeiten im Dorf seien auch sehr spartanisch mit minimalem Konfort. Ich bettelte trotzdem hartnaeckig weiter, zusammen mit Sandra, einer oesterreichischen Medizinstudentin. Mit der Unterstuetzung von Dr. Ram konnten wir die Aerzte schlussendlich ueberzeugen. 

Am Freitag morgen ging es also los. Wir waren 3 Aerzte, Sandra und ein nepalesischer Student, zwei Health Assistants und zwei Ingenieure. Letztere waren zum ersten Mal dabei und wollten uns eigentlich nur zum Fluss "Sunkosi" beleiten, um die Moeglichkeiten eines Wasserkraftwerks in diesem Gebiet zu evaluieren. Kathmandu University sieht da die Moeglichkeit Ingenieurwissenschaften und Medizin in einem Projekt zu vereinen. Nepal hat was erneuerbare Energien aus Wasser betrifft naemlich ein enormes Potential (laut den beiden Spezialisten das groesste weltweit nach Brasilien). 

Die ersten Stunden verbrachten wir wie gewohnt zusammengepfercht im Jeep. Wir mussten im Allradmodus ueber holprige Gebirswege fahren. Ab und zu mussten wir aussteigen und ein Baechlein mit Steinen zuschuetten, um mit unserem Gefaehrt passieren zu koennen. Nach 3 Stunden Fahrt ging es dann zu Fuss weiter. Erst mal nur steil bergab zum zuvor genannten Fluss. Den ueberquerten wir mit einer Art manueller Seilbahn. Die bestand aus 2 Seilen, Flaschenzuegen und einem Metall-Zweisitzer. Danach mussten wir 4 Stunden nur noch bergauf, insgesamt etwa 1000 Hoehenmeter. Ab und zu machten wir natuerlich Rast und die Bauern auf dem Weg boten uns Wasser und Fruechte an. Trotz der Anstrengung hatten Sandra und ich einen Riesenspass. Die Berglandschaft mit dem Fluss im Tal war unbeschreiblich schoen. Wir konnten uns gar nicht satt sehen am Panorama. Waehrend der Daemmerung sind wir oben am Gipfel angekommen und durften einen wunderschoenen Sonnenuntergang geniessen. Problematisch war allerdings, dass wir im Dunkeln noch 30 Minuten bergab auf steinigen Pfaden zu unserem Nachtquartier mussten. Wir hatten zwar Taschenlampen mit, ich habe es aber trotzdem geschafft in ein Reisfeld zu fallen. Ich hatte Glueck im Unglueck und bin mit einer dreckigen Hose und einem steifen Nacken davongekommen. Die Nacht verbrachten wir bei einer kleinen Bauernfamilie. Im Erdgeschoss befanden sich Kueche und Ziegenstall, draussen gab es einen Stall mit Wasserbueffeln und Huehnern und eine kleine Huette mit Plumpsklo. Wir haben auf dem Dachboden geschlafen und teilten uns jeweils zu zweit ein kleines Bett. Es gab weder Elektrizitaet, noch fliessendes Wasser, geschweige denn ein Badezimmer. Fuer mich also eine ganz neue Erfahrung. Die Gastfreundschaft der Familie war einfach ueberwaeltigend. Sie versuchten uns jeden Wunsch von den Augen abzulesen und begleiteten uns immer mit der Taschenlampe die kleine Holztreppe zu unserem Bett hinauf. Sie kochten auch sehr leckeren Essen fuer uns. Am ersten Abend wurde ein Huehnchen, am zweiten eine Ziege fuer uns geschlachtet. 

Samstag morgen ging es nach einem kurzen Fruehstueck zum Health Post, wo wir ueber den ganzen Tag verteilt ueber 100 Patienten behandelten. Darunter auch kleinere chirurgische Eingriffe wie Inzisionen und Drainagen, Infiltrationen, Zahnextraktionen und Zystenentfernungen. 

Das Patientenkollektiv in solchen Bergdoerfern unterscheidet sich in vielen Dingen doch von dem in Dhulikhel oder gar Kathmandu. Wir haben zum Beispiel viele Frauen mit schwergradigen uterovaginalen Prolapses gesehen. Das ist ein Tiefertreten der Gebaermutter, die in schweren Faellen aus der Scheide austritt und zu schweren Infektionen, sowie Harn- oder gar Stuhlinkontinenz fuehren kann. Dieses Krankheitsbild ist so haeufig, weil die Frauen hier viele Kinder bekommen und sofort nach der Geburt wieder schwerste koerperliche Arbeiten erledigen muessen. Ausserdem ist Beckenbodengymnastik, wie sie Woechnerinnen bei uns beigebracht wird, hier noch kein Thema. Die betroffenen Frauen sind oft stark beeintraechtigt. Der vorgefallene Uterus ulzeriert, kann teilweise nekrotisch werden, was zusammen mit den haeufigen Unterleibsentzuendungen zu sehr penetrantem Geruch fuehren kann. Einige Frauen werden aus diesem Grund von der Familie aus dem Haus verbannt und muessen draussen oder im Schuppen schlafen. Die beste Therapie waere chirurgisch, da aber viele Patientinnen weder den weiten Weg in ein Krankenhaus auf sich nehmen koennen noch das Geld fuer eine Operation besitzen, therapieren wir sie symptomatisch mit Ringpessaren. Das sind Ringe, die in die Scheide eingefuehrt werden, um das Niedertreten des Uterus zu verhindern. Mit dieser simplen Massnahme kann die Lebensqualitaet dieser Frauen erheblich verbessert werden. 

Sonst haben wir wieder sehr viele unterschiedliche Hauterkrankungen gesehen und andere typische Krankheiten wie Lungenentzuendungen, Mittelohrentzuendungen oder Gastroenteritis. Wir hatten auch sehr viele Patienten mit Augenproblemen. Denen konnten wir vor Ort leider nicht helfen und verwiesen sie auf ein Krankenhaus. Man muss dann hofen, dass sie unseren Rat annehmen und die Strapazen der Reise auf sich nehmen. 

Am naechsten Morgen machten wir uns ganz frueh wieder auf den Rueckweg, so dass wir Sonntag am spaeten Nachmittag hundemuede wieder in Dhulkhel waren. 

Ich bin sehr dankbar fuer diese bereichernde Erfahrung. Nur auf diesen Ausfluegen sieht man naemlich genau, wie die Menschen hier leben. Einmal 3 Tage lang den gleichen Bedingungen ausgesetzt zu sein empfand ich als sehr belehrend. Die Freundlichkeit der Menschen und die Dankbarkeit gegenueber den Aerzten liessen uns ausserdem sofort unseren Muskelkater vergessen. 

 

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Rapport 8 (du  17/09/2006) 

 

Heute fange ich mal mit einem nicht-medizinischen Thema an. Seit etwa 2-3 Wochen wird die politische Situation hier zunehmend instabiler. Vor Monaten war zwischen den Maoisten und der nepalesischen Armee ein Waffenstillstand ausgehandelt worden. Kuerzlich haben aber die Militaers Waffenladungen aus Indien angenommen und seit die Maoisten davon Wind bekommen haben organisieren sie regelmaessig Strassensperren, die alle Hauptverkehrsachsen blockieren. An bestimmten Punkten werden Autoreifen verbrannt und mit Stock und Stein auf alle Gefaehrte eingeschlagen, die doch den Versuch unternehmen, die Sperre zu passieren. Viele sind bewaffnet, die meisten tragen rote Kopftuecher und Fahnen mit kommunistischen Motiven. Sie ziehen auch umher, um den Schulen, Banken und anderen Einrichtungen Geld abzuverlangen. Vor allem Trekker oder Wanderer kommen oft nicht an ihnen vorbei und muessen horrende Summen an Wegzoll zahlen. 

Wenn ich mich mit den Menschen auf der Strasse unterhalte, ist es erstaunlich, wie viele von ihnen diese maoistische Bewegung unterstuetzen. Den wenigsten ist dabei an einem echten kommunistischen Regime gelegen. Sie sehen einfach oft keine andere Moeglichkeit, etwas an der verzwickten politischen Situation zu veraendern. Der derzeitige Koenig geniesst nur wenig Unterstuetzung und die Menschen sind landesweit frustriert und entaeuscht von der korrupten Regierung. Seit Monaten wird bereits ueber konstitutionelle Wahlen geredet, dabei laufen noch nicht einmal die Vorbereitungen. 

Aber zurueck zu meinen eigentlichen Aufgaben. Im Krankenhaus habe ich letzte Woche spontan einem unserer Patienten Blut gespendet. Dhulikhel Hospital hat zwar eine kleine Blutbank, ist aber vor allem auf Frischblutspenden von den Mitarbeiteren und Studenten angewiesen. Wenn eine Konserve benoetigt wird, wird rumgefragt wer die korrespondierende Blutgruppe besitzt und fast alle erklaeren sich schnell bereit zu spenden. So werden einerseits Lagerungsprobleme umgangen und andererseits muss nicht regelmaessig unbenutztes Blut verworfen werden. 

Mir ist in meinen Wochen auf der Kinderstation aufgefallen, dass Toechter hier immer noch nicht denselben Stellenwert besitzen wie Soehne. Dieses Problem wird an einem ganz speziellen Fall deutlich. Vor etwa 2 Monaten wurde eine 3-jaehrige eingeliefert mit beidseitigem komplizierten Beinbruch. Nach der Versorgung war ein laengerer stationaerer Aufenthalt notwendig und die Eltern liessen die Tochter einfach alleine im Krankenhaus zurueck. Wahrscheinlich aus Angst vor den Krankenhauskosten und einer bleibenden koerperlichen Beeintraechtigung des Kindes. Die meisten Aerzte versicherten mir, dass ein Sohn wahrscheinlich nicht im Stich gelassen worden waere. Die Kleine liegt also seitdem in einem Kinderbett auf dem Krankenhausflur und es weiss noch keiner so recht, was aus ihr werden soll, wenn sie wieder gesund wird. Maedchen sind vor allem fuer die Arbeiterfamilien eben eher eine finanzielle Belastung, da fuer die Hochzeit eine oft sehr hohe Mitgift von den Eltern des Braeutigams erwartet wird und die Toechter zusaetzlich nach der Vermaehlung zu den Schwiegereltern ziehen. Die Eltern verlieren also Geld und eine Arbeitskraft. In Indien gibt es ein Sprichwort, welches frei uebersetzt etwa lautet: "Eine Tochter grosszuziehen, ist wie die Blumen im Garten deines Nachbarn zu giessen." 

 

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Rapport 9 (du  26/09/2006) 

 

Mittlerweile bin ich in die Gynaekologie gewechselt. Die Gynaekologie hat in Dhulikhel Hospital annaehernd so viele Patienten wie etwa die Chirurgie oder die Innere Medizin. Dhulikhel Hospital bemueht sich, wie bereits erwaehnt, sehr um die Schwangerenvorsorge und bestellt die Patienten zu fixen Terminen wieder ein. Es werden wie bei uns in Europa regelmaessig Blut- und Ultraschalluntersuchungen durchgefuehrt und Spurenelemente substituiert (Eisen, Folsaeure, Kalzium). Zudem werden die Frauen ueber eine adaequate Ernaehrung waehrend der Schwangerschaft aufgeklaert. Viele Frauen nehmen diesen Service mittlerweile gerne in Anspruch, aber viel zu viele kommen immer noch erst zur Geburt ins Krankenhaus. Es gibt natuerlich auch weiterhin eine nicht unwesentliche Anzahl an Hausgeburten ohne Hebamme, bei denen die Nabelschnur mal eben mit der Sichel durchtrennt wird. Sowohl die Muetter, wie auch die Kinder leiden danach oft an lebensgefaehrlichen Infektionen. Im schlimmsten Falle kommt es zu Tetanus (Wundstarrkrampf) wegen stark verschmutzten Wunden und fehlendem Impfschutz. Deshalb bekommen in Dhulikhel Hospital alle Schwangeren eine Tetanusschutzimpfung. 

Erschreckend ist, dass die meisten Frauen, oder vielmehr Maedchen, zwischen 16 und 20 Jahre alt sind bei der ersten Schwangerschaft. In diesem Alter spricht man per se schon von einer Risikoschwangerschaft. Im Regelfall sind sie wenige Monate verheiratet, wenn sie zu uns kommen. Begleitet werden sie immer von der Schwiegermutter, nie vom Ehemann. In der hiesigen Kultur ist es ueblich, dass die Frauen nach der Heirat zur Familie des Ehemannes ziehen und die Schwiegermuetter geben fortan den Ton an. Diese unerfahrenen Teenagerinnen sitzen meist ganz stumm und schuechtern bei uns in der Poliklinik, waehrend die Schwiegermuetter sich mit uns unterhalten. Kaum eine Entscheidung wird den werdenden Muettern selber ueberlassen.  

Hier ist es auch ganz und gar nicht ueblich, dass die Ehemaenner ihre Frauen im Kreissaal unterstuetzen oder die Nabelschnur durchtrennen, wie es in Europa schon seit Jahrzehnten praktiziert wird. Kinderkriegen ist hier immer noch 100% Frauensache. Auch nach der Geburt sind vor allem Muetter und Schwiegermuetter an der Seite der Woechnerinnen und helfen beim Versorgen der Babys. Die Vaeter tauchen allenfalls sporadisch im Krankenhaus auf. 

Die Tatsache, dass viele Maedchen so frueh schwanger werden, traegt dazu bei, dass die Zahl an Fehlgeburten relativ hoch ist. Weitere Ursache sind genitale Infektionen und extrem harte koerperliche Arbeit. Die Frauen hier werden zu keinem Zeitpunkt der Schwangerschaft geschont und oft noch nicht mal ausreichend ernaehrt. Hier nehmen die Frauen waehrend der Schwangerschaft kaum 5 kg zu. Normal waeren 10-15 kg, waehrend bei uns in Europa 20 kg und mehr gang und gebe sind.  

Sobald die Frauen im Krankenhaus sind, ergreifen die Aerzte die Moeglichkeit, sie ueber Empfaengnisverhuetung aufzuklaeren. Falls die Familienplanung bereits abgeschlossen ist, wird entweder die Tubenligatur der Frau oder die Vasektomie des Mannes empfohlen. Und da muss ich den nepalesischen Maennern ein Lob aussprechen, da sich hier verhaeltnismaessig viele freiwillig unters Messer legen, um sich den Samenkanal durchtrennen zu lassen. Diese Prozedur ist naemlich wesentlich ungefaehrlicher und weniger Aufwand als die Durchtrennung der Eileiter bei der Frau. Die europaeischen Maenner sind da aber leider immer noch sehr zurueckhaltend, wahrscheinlich aus Angst vor Potenzverlust, die aber unbegruendet ist. 

Ansonsten gibt es viele hormonelle Moeglichkeiten zur Beeinflussung des weiblichen Zyklus: Konventionelle Anti-Baby-Pillen oder Depots. Die Depots werden entweder in 3-monatigen Abstaenden intramuskulaer injiziert oder als Implant in den Oberarm eingebracht, wo sie 5 Jahre verbleiben koennen. 

 

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Rapport 10 (du  02/10/2006) 

 

Zur Zeit wird in Nepal das groesste und wichtigste hinduistische Fest des Jahres gefeiert: "Dashain" oder "Durga Puja". Schulen und Universitaeten bleiben 14 Tage geschlossen. Im Krankenhaus arbeiten wir natuerlich brav weiter, nur an den 4 Haupttagen haben wir Notfallbesetzung (aehnlich wie an den Samstagen). Das Problem mit diesem Fest ist, dass die Patienten alle fruehzeitig entlassen werden wollen. Wir haben in den letzten Tagen so oft wie sonst nie Patienten gegen aerztlichen Rat nach Hause gehen lassen. Genauso kommen die Patienten erst ins Krankenhaus, wenn es sich um einen echten Notfall handelt. Heute Morgen in der frueh kam eine schwangere Frau mit vorgefallener Nabelschnur in die Notaufnahme. Den Blasensprung hatte sie laut eigenen Angaben bereits um Mitternacht gehabt und die Nabelschnur sei seit 02:00 Uhr nachts sichtbar gewesen. Trotzdem hatten sie und ihr Mann weitere 4 Stunden zugewartet bevor sie sich entschlossen das Krankenhaus aufzusuchen. Fuer das Kind kam leider jede Hilfe zu spaet. Da die Blutversorgung des Babys wegen der stundenlang komprimierten Nabelschnur nicht aufrechterhalten werden konnte, wurde es tot geboren. 

Ein grosser Unterschied zwischen der Gynaekologie hier und in Europa ist die fehlende Vorsorge. In Europa werden jaehrlich bei allen Frauen Abstriche des Gebaermutterhalses entnommen. Auf diese Art und Weise wurde die Inzidenz des Zervixkarzinoms in entwickelten Laendern in den letzten Jahrzehnten drastisch reduziert. Hier in Nepal gehoert es weiterhin zu den haeufigsten Krebserkrankungen der Frau. Es wird ueberhaupt nicht systematisch gescreent, sondern nur bei konkretem Verdacht ein Abstrich gemacht. Erschwerend kommt hinzu, dass nicht immer die richtigen Abstrichbuersten zur Verfuegung stehen, sondern nur eine Art Holzspatel. Das macht die Beurteilung fuer den Pathologen sehr schwierig. Die Gynaekologen in Dhulikhel Hospital wuerden gerne Vorsorge-Camps machen, das heisst zu den Menschen in die Bergdoerfer fahren um aufzuklaeren und zu untersuchen. Dazu fehlen momentan aber noch die finanziellen Mittel. Die Menschen hier sind naemlich nur schwer davon zu ueberzeugen, fuer eine prophylaktische Massnahme Geld auszugeben. Was ja auch durchaus verstaendlich ist, wenn man bedenkt, dass ein Grossteil der Bevoelkerung von der Hand in den Mund lebt. Vorsorge ist ein Luxus, den sich die wenigsten hier leisten koennen. 

Um bei den finanziellen Problemen zu bleiben: Auch das Geld fuer groessere Operationen kann nur selten aufgebracht werden. Wie bereits erwaehnt wird in Dhulikhel Hospital oft ein Auge zugedrueckt und notwendige Operationen werden preislich an den Geldbeutel des Patienten angepasst. In Dhulikhel werden aber beispielweise keine Herzoperationen durchgefuehrt. Erst kuerzlich hatten wir ein Kind mit einem Loch in der Herzscheidewand, das unbedingt verschlossen werden muss. Zu dem Preis fuer die Operation an sich kommt dann noch die Reise nach Indien in ein spezialisiertes Krankenhaus. Die Familie sah keine Moeglichkeit das noetige Geld aufzutreiben. Die Medizinstudenten organisierten daraufhin spontan eine Sammelaktion unter saemtlichen Krankenhausmitarbeitern. Es ist immer wieder schoen, diesen Zusammenhalt zu erleben. Alle Nepalesen sehen es als ihre Pflicht an, ihren Mitmenschen in schweren Situationen unter die Arme zu greifen. Vor einigen Wochen wurde in einer aehnlichen Aktion Geld gesammelt fuer die Menschen in Westnepal die bei Ueberschwemmungen und Erdrutschen infolge von heftigen Regenfaellen ihr ganzes Hab und Gut verloren hatten.  

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Rapport 11 (du  08/10/2006) 

 

Nach der Morgenbesprechung werden jeden Montag, Mittwoch und Freitag kurze Vortraege vor versammelter Mannschaft im Konferenzraum gehalten. Montags und Freitags praesentieren Assistanzaerzte ein Thema ihrer Wahl und Mittwochs sind die Oberaerzte an der Reihe. Da Dhulikhel Hospital mittlerweile ein "Teaching Hospital" (Lehrkrankenhaus) der Kathmandu Universtiy ist, muessen auch die Aerzte permanent auf dem neuesten Stand sein. Ganz unabhaengig davon, ob die modernen Therapieformen zugaenglich oder erschwinglich sind, haelt Dr. Ram sehr darauf, dass seine Mitarbeiter sich stetig weiterbilden. Dr. Ram hatte mich bereits bei unserem Treffen im Maerz diesen Jahres in Luxemburg vorgewarnt, dass von mir auch ein Vortrag erwartet werden wuerde. Letzten Freitag war es dann so weit. Ich hatte mir das Thema Onkologie ausgesucht, da Krebserkrankungen in Dhulikhel kaum behandelt werden. Es werden einige Operationen durchgefuehrt, aber es koennen natuerlich weder Chemo- noch Strahlentherapie angeboten werden. 

Ich habe diese Woche zum dritten und letzten Mal die Abteilung gewechselt und befinde mich jetzt in der Notaufnahme. Hier kommen alle akuten Faelle primaer hin und ich kann mir ein gutes Gesamtbild ueber die Haeufigkeiten der verschiedenen Krankheitsbilder machen. Es kommen zum Beispiel regelmaessig Patienten mit Hundebissen. Hier in Nepal laufen ueberall streunende Hunde herum und auch die Hunde, die als Haustiere gehalten werden sind nicht gegen Tollwut geimpft. Das bringt mit sich, dass fast jeder Hundebiss eine Tollwutimpfung des betroffenen Patienten nach sich zieht. Die sind leider etwas unangenehm, da die Injektionen an 5 verschiedenen Tagen wiederholt werden muessen. Die wenigsten Hunde sind tatsaechlich infiziert, bei einer toedlichen Infektion wie Tollwut kann man aber kein Risiko eingehen. 

Dr. Ram hat mich letzte Woche einmal zu sich ins Ultraschallzimmer geholt, um mir einen Patienten mit Leberabszessen zu zeigen. Die Leber des 60-jaehrigen war auf das Doppelte der urspruenglichen Grosse angewachsen wegen den riesigen Raumforderungen. Dr. Ram entschied, mich die beiden Abszesse punktieren zu lassen und meinte mit einem Laecheln, so etwas wuerde ich in Europa so schnell nicht noch mal sehen. Ich drainierte insgesamt ueber 400 ml dickfluessigen Eiter. Leberabszesse sind hier in Nepal ziemlich haeufig, weil viele Patienten an unbehandelten Infektionen mit Amoeben leiden. Die Amoeben penetrieren die Darmwand und wandern ueber die Pfortader zur Leber, um sich dort einzunisten. 

 

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